Kennt ihr das? Kinder, die mit dem Stuhl wippen und gigampfen, auf dem Stuhl Hin- und Her rutschen oder sich auf dem Stuhl nach hinten überdehnen?! Alles Zeichen dafür, dass ein Kind nicht mehr ruhig sitzen kann und eigentlich ein ganz anderes Bedürfnis hätte: Sich zu bewegen. Wie kann man als Lehrperson für mehr Bewegung im Unterricht sorgen, ohne diesen zu stören?
Inhaltsverzeichnis
Folgen von unerfülltem Bewegungsdrang
Kinder wachsen heute mit viel weniger Bewegung auf, als dies vor ein paar Jahren noch der Fall war. Vom Kind ausgehende Aktivitäten gehen zu Gunsten von passivem Konsum stark zurück. Dabei wären die Bedürfnisse ganz anders. Eine Forsa-Umfrage hat ergeben, dass nach der Erfahrung der Eltern drei Viertel aller Kinder lieber draussen toben würden als drinnen vor dem Computer zu sitzen.
Alle Kinder brauchen Bewegung, aber hyperaktive Kinder und Kinder mit ADHS ganz besonders. Folgende Krankheiten treten bei Kindern und Jugendlichen mit Bewegungsmangel gehäuft auf (Quelle: Bewegte Schule, bewegtes Lernen, Band 3 – Werbelink):
- Haltungsschwächen
- Haltungsschäden
- Diabetes Typ II
- Arteriosklerose
- Depression
- Suizidgefährdung
- Verhaltensstörungen
Bewegung im Unterricht hat also auf alle Kinder einen direkten, positiven Einfluss auf die Gesundheit.
Was bedeutet „bewegte Schule“ für den Unterricht?
Bewegung lässt sich ganz organisch in die Schule einbauen. Dabei ist nicht nur gemeint, dass man nach 15 Minuten Arbeit eine Bewegungspause macht. Nein, der Unterricht ist so aufgebaut, dass Bewegung „natürlich“ geschehen kann oder aber, dass Lerninhalt mit Bewegung dargestellt wird.
Das Konzept der bewegten Schule ist im besten Fall gar Schulentwicklungsprojekt und geht über die Klassen hinaus.
1. Sportunterricht
Täglich eine Stunde Sport
2. Bewegung im Unterricht In allen Fächern (siehe unten)
3. Bewegung in der Schule
Mit Pausenspielen und einem attraktiv zu Bewegung führendem Pausenplatz
Mit Zusatzsportangeboten und Sportförderangeboten
Mit sportlichen Landschulverlegungen (Velo-, Ski-, Wanderwochen)
Mit Arbeitseinsätzen
4. Bewegung in der Freizeit
Freie Sport- und Spielangebote (offene Turnhalle, Spielekisten)
Mit Einbezug von Vereinen
Mit viel Schulsportangeboten
Was ist „bewegter Unterricht“?
Im besten Fall arbeitet eine ganze Schule am Thema Bewegung. Wenn dies nicht der Fall ist, kann jede Lehrperson auch im Kleinen Bewegung im Unterricht einbauen. Der bewegte Unterricht besteht aus vier bis sechs Säulen:
Bewegungen bedingen
Den Unterricht so strukturieren, dass viel Bewegung entsteht. Dabei kann auch Bewegung in der Unterrichtsorganisation sinnvoll sein: Arbeitsblätter selber holen, statt sie auszuteilen, Gruppenbildung mit Kindern, die möglichst weit weg sitzen,…
Bewegte SchülerInnenbeiträge fordern
Möglichst ritualisierte Beiträge der SchülerInnen fordern, z.B. Antwort im Stehen, Referate von Gruppe zu Gruppe,…
Tätigkeiten von der Lehrperson an die Schülerinnen und Schüler übertragen
Medienbedienung, Materialausgabe, Ergebnisse an der Wandtafel sichern, Fenster, Türen, Vorhänge, öffen und schliessen. Diese Tätigkeiten eignen sich besonders zum Übertragen an Kinder mit hohem Bewegungsdrang. Die Kinder können sich auf diese Weise nützlich machen und sich gleichzeitig bewegen – eine Win-Win-Situation!
Bewegung im Unterricht zulassen
Die Schülerinnen und Schüler dürfen jederzeit zur Toilette, zum Papierkorb, zum Lavabo gehen. Wenn es ganz unruhige Kinder im Klassenzimmer hat, könnte man mit diesen vereinbaren, dass sie eine Runde ums Schulhaus drehen dürfen, wenn sie Bewegung oder ein Bisschen Ruhe benötigen.
Mit Bewegung verbundene Methoden und Sozialformen anwenden
Lernen an Stationen, Wanderlernen, Spiele mit Bewegung, Texte in Bewegung lernen, Bewegungslieder, -Verse, -Gedichte, Rhythmen, Bewegungsrituale z.B. zur Begrüssung, Verabschiedung.
Verschiedene Sitz- und Arbeitshaltungen zulassen, bedingen, fordern
Aktiv-dynamisches Sitzen, Sitzkeil. Stehpult, ergonomische Möbel, Stehen, Liegen, Gehen, Lehrerposition im Raum ändern.
Auswirkungen der Bewegung im Unterricht auf die Leistungen der Schülerinnen und Schüler
Mit diesen kleinen Anpassungen wird der Unterricht bewegter. Der Unterricht wird zwar unruhiger, aber, und dazu gibt es Untersuchungen, die Leistungen steigen. In der Abschlussarbeit meines Nachdiplomstudiums konnte ich nachweisen, dass die Leistung aller Schulkinder um einen oder um einen halben Notenwert steigt, wenn das Konzept des bewegten Unterrichts angewandt wird.
Belege findet man in der Hirnforschung. So sagt der Sportmediziner Wildor Hollmann, dass Sport und Bewegung als wichtigste Voraussetzung für die Entwicklung von Intelligenz und absterbenden Nervenzellen angesehen werden können.
Lernen in Bewegung und im Handeln sind also Grundbedürfnisse des Kindes. So gesehen sind Kinder mit Bewegungsdrang, wenn diesem nachgegeben wird, im Vorteil. Also Kinder mit AD H! S oder hyperkinetischem Syndrom zum Beispiel!
By the way: Alle diese Ideen lassen sich zu Hause in der Hausaufgabensituation auch umsetzen. Nur Mut!
Wie baust du Bewegung zuhause beim Hausaufgabenmachen mit deinem Kind ein? Ich freue mich, wenn ich in den Kommentarspalten viele Anregungen lesen darf.
Bewegte Grüsse
Eure Sarah Fuchs