LOA (der lösungsorientierte Ansatz) und ADHS – nein, das hat nichts mit „aloah“ auf Hawaii zu tun sondern kann helfen, aus völlig verbockten Situationen wieder herauszukommen
Wer kennt es nicht? Es treten in der Familie Probleme auf, alle streiten miteinander und niemand kommt vom Fleck?! Allen ist das Problem klar und alle zementieren durch ihre Kommunikation ihre Haltung, niemand bewegt sich einen Millimeter!? Bei allen beteiligten Personen kreisen die Gedanken ständig um das Problem und niemand ist bereit sich zu bewegen oder gar nachzugeben. Alle sind Sturköpfe, nichts geht mehr, sie Situation ist fest gefahren. Und nun?
Als Eltern haben wir ja Verantwortung, aus dieser verbockten Situation wieder raus zu kommen. Gerade bei den Kids mit special Effects ist es oft zusätzlich auch noch so, dass ihre Wahrnehmung sehr speziell ist. Bei uns tönt es dann so: „Immer gibst du mir die Schuld! Aber meine Schwester tut dies genau gleich. NIE beschuldigst du sie!“ Und als Sahnehäubchen kommt meistens noch hinterher: „Du hast sie ja sowieso lieber als mich!“ Päng!
Gebe ich mich in diesem Moment meinen Emotionen hin, schaukelt sich das so lange hoch, bis Türen knallen, bis die Worte unter die Gürtellinie zielen und zwar bei beiden, Teenie und Mama.
Also ist guter Rat teuer! Und ein lösungsorientierter Ansatz LOA kann ein mögliches Instrument sein, damit du in deiner Familie Handlungsfähigkeit zurück bekommst und die Situation auflösen kannst, ohne Gesichstverlust und ohne Machtdemonstration.
Türen knallen. Alle sind sauer aufeinander. Und jetzt?
Ganz konkret ging es bei uns darum, dass meine Tochter und ich uns wochenlang und monatelang über ihre Unordnung im Zimmer gestritten haben. Immer, wenn ich Staubsaugen wollte, war ihr Zimmerboden übersät mit diversem Plunder. Gut, das sah lange nie anders aus! Typisch Teenie halt. Damit ich ihr abends am Bett „gute Nacht“ sagen konnte, musste ich kleine Gräben in ihr Durcheinander bauen. Es nervte mich nur noch.
Jedes Mal, wenn ich putzen wollte, ärgerte ich mich über ihre Unordnung und darüber, dass ich putzen möchte (ich tue ja für alle was Gutes, auch für sie, Himmel noch einmal) und nicht kann, dass ich beim Aufeinandertreffen mit ihr regelrecht aus der Haut gefahren bin. Wenn ich mir selber zuhörte, hörte ich meine Mutter. Ich schämte mich über meine Sätze wie „immer hast du so ein Puff“ und „du räumst ja nie auf“. Ich fühlte mich unzulänglich. Mein Problem war nicht gelöst.
Und mein Teenie? Ja, die hat aus dem Vollen geschöpft und mir den Spiegel vorgehalten. Manchmal verdächtigte ich sie sogar, dass sie ihre Unordnung so richtig zelebrierte. Aber damit habe ich ihr Unrecht getan, wie ich in einem Gespräch während einer Autofahrt heraus gefunden habe.
(Übrigens: Gespräche während dem Autofahren sind super. Niemand kann abhauen, es ist ruhig und man muss sich nicht ansehen. Aber zurück zum Thema.)
Während besagter Autofahrt erklärte ich ihr mein Problem. Nämlich, dass ich ihr Zimmer gerne putzen würde und nicht kann, weil der Boden über und über mit Zeugs zugepflastert ist. Ausserdem sagte ich ihr, dass unser Streit mich belaste und stresse, wenn es darum geht, den Boden zu räumen. Und ich fragte sie, wie sie zu dem ganzen Thema stehen würde.
Meine Tochter meinte dann, es störe sie auch, aber sie wisse nicht, wo sie anfangen solle. Und es sei ihr selbst auch angenehmer, wenn das Zimmer aufgeräumt ist.
Wir haben dann gemeinsam nach Lösungen gesucht. Der lösungsorientierte Ansatz nach Steve de Shazer, wie er zum Beispiel in der Sozialarbeit verwendet wird, ist ein praktisches Werkzeug.
1. Ordnung schaffen und dokumentieren
An einem der folgenden Wochenenden machten wir gemeinsam klar Schiff. Wir haben ausgemistet, jedem Ding seinen Platz zugeordnet und Fotos gemacht, damit sie weiss, was sie wohin räumen soll. Das waren alles ihre Ideen!
Einen guten Drittel von dem Zeugs konnten wir aussortieren. Jetzt haben wirklich alle Dinge ihren Platz und das Zimmer ist nicht mehr überladen. Meine Tochter setzte sich selber das Ziel, ihr Zimmer jeden Abend in diesen wundervollen und klaren Zustand zu bringen.
2. Reihenfolge definieren
Wir haben auch eine Reihenfolge abgemacht: Zuerst räumt sie die Kleider auf, dann kommt der Abfall weg, dann werden ihre Schulsachen aufgeräumt und dabei packt sie auch gerade für den nächsten Tag, danach kommt der Rest.
Sie mag es, wenn es wenig „Stör- und Ablenkfaktoren“ im Zimmer hat und das ist ihr seit fast einem Jahr Motivation genug, ihre Ordnung zu halten.
Ob ihr es mir nun glaubt oder nicht!? Seit da sind der Streit und die Unordnung Vergangenheit! Jeden Abend räumt sie nach dem Abendessen den Zimmerboden und ich kann Staub saugen, wann ich will, weil das Zimmer am Morgen jeweils noch in einem sehr guten Zustand ist.
3. Auch mal Fünf gerade sein lassen
Manchmal gibt es für sie stressige Zeiten, so wie jetzt gerade. Da bleibt manchmal weniger Zeit für die Ordnung. Meine Tochter leidet, wenn sie es nicht mehr schafft, Ordnung zu machen und zu halten.
In solchen Zeiten helfe ich ihr und räume als Überraschung am Morgen den Boden auf. Wenn sie dann am Mittag von der Schule heim kommt, freut sie sich über diese Unterstützung und von da an geht es meistens wieder wie von selber.
Wir sind eine Familie, in der sich alle Mitglieder unterstützen. Das ist mir sehr wichtig. Immer mehr färbt diese Haltung auf die Girls ab, die mich nun, wenn ich im Stress bin, tatkräftig unterstützen! Das ist ein schöner Nebeneffekt, nicht!!?
Wenn mir das jemand vorher erzählt hätte, wie schnell sich mein Problem mit dieser Unordnung lösen wird lassen, dann hätte ich ihn ausgelacht! Darum ein Hoch auf den LOA. Probiere ihn aus. Ich bin gespannt auf deine Erfahrungsberichte in den Kommentaren.
- Alle in der Familie sind kompetent für ihre Bereiche und tragen die Ressourcen bereits in sich.
- Jedes Familienmitglied will kooperieren. Menschen können nicht „nicht kooperieren“. Jede Handlung ist eine Art Kooperation.
- Jede Person handelt autonom und aus seiner Haltung heraus.
- Als Eltern schaffen wir günstige Bedingungen, damit eine Lösung entstehen kann. Als Eltern zeigen wir Hoffnung auf diese Entwicklung, auf die Veränderung zum Positiven.
- Als Eltern sind wir Eltern, hören zu, leiten das Familiengespräch. Wir sind keine Therapeuten und setzen keine Ziele von aussen. Ziel ist es, dass z.B. das Kind die Verhaltensänderung selber erreichen will und sich selber Ziele setzt und Wege sucht, wie es die erreichen kann.
- Ausgehend vom Konstruktivismus (Wazlawick, wir erschaffen uns die Welt selber) schaffen wir in der Familie Bedingungen, so dass sich ein Familienmitglied in seine gewünschte Richtung entwickeln kann.
- Wir achten auf unsere Sprache, denn die schafft Wirklichkeit. Unsere Sprache ist wohlwollend und achtsam. („Wir sind, was wir denken. Alles, was wir sind, entsteht aus unseren Gedanken. Mit unseren Gedanken formen wir die Welt.“ Buddah)
- Annahmen wie „Leo tut immer das und Anna macht nie“ sind tabu. Nichts ist immer gleich, Ausnahmen deuten auf eine mögliche Lösung hin.
- Das Problem muss gar nicht allen gleich bekannt sein. Es ist möglich, Lösungen zu finden, ohne dass jemand genau das Problem erkennt.
- Dabei wird nach Stärken und Fähigkeiten aller Beteiligter gesucht. Dies hilft, dass sich die Beteiligten motivierter für eine Lösung einsetzen.
- Es ist schwierig, ein Verhalten zu stoppen. Viel leichter ist es, ein neues Verhalten zu beginnen.
- Vorwürfe sind nützlich und es lohnt sich, dahinter zu schauen, denn sie haben eine wichtige Botschaft, um eine Lösung finden zu können.
- Es kann hilfreich sein, vergangene ähnliche Situationen zu analysieren und dort zu schauen, was funktioniert hat und was sich allenfalls auf die jetzige Situation übertragen lässt.
- Bei einem Lösungsplan gilt es, kleine, realistische Schritte zu machen und die dann auch zu benennen und sichtbar zu machen. Dabei reicht die Anerkennung mit Worten.