Hyperaktivität äussert sich bei vielen Kindern schon sehr früh, wobei man das oft erst im Rückblick erkennen kann. Die Tochter unserer Autorin Sarah schlief von Anfang an schlecht und Sarah hat für Euch aufgeschrieben, was damals in ihrer Familie geholfen hat, wenigstens ansatzweise ausgeruht zu sein.

Voller Freude hatte ich mein erstes Kind erwartet und dann das. Es war ALLES anders. Nichts von happy Baby und strahlender Mutter. Statt dessen ein Kind, das dauernd geschrien hat, sich nicht ablegen liess und nicht schlafen konnte. Dazu mich als total übermüdete Mutter, die stark an ihren Fähigkeiten zweifelte. Der Schlafentzug tat sein Übriges: Ich glich einem Zombie.

Schon bald haben mich andere Mütter gefragt, ob es denn schon durchschlafe, das Baby. Am Anfang habe ich noch ehrlich geantwortet, es könne ja nicht einmal einschlafen, geschweige denn durchschlafen. Ui, da habe ich ungefragt RatSCHLÄGEbekommen! Von „da musst du aber mal durchgreifen“ (ja klar, bei einem 6 monatigen Baby) bis über „die tanzt dir aber schön auf der Nase rum, lass sie mal schreien, das wird schon“, war alles dabei. Jeder solch wohlgemeinte, aber unbedachte Satz war wie eine Ohrfeige für mich und ich fühlte mich nur noch unfähiger. Darum habe ich bald zu meinem Schutz begonnen, allen zu erzählen, dass das Kind durchschlafe.

Nun, mein Mann und ich waren alleine mit diesem Kind, das schlecht einschlafen konnte, nicht durchschlief, fast keine Tagesschläfchen machte und insgesamt sehr wenig schlief. Zudem haben wir sehr früh gemerkt, dass ein getakteter Tagesablauf die Situation erleichterte und darum konnten wir sie leider auch nicht zum Hüten geben. Damals gab es auch noch keine Schlafsprechstunden. Wir mussten unseren Weg alleine finden.

Was hat uns als Familie geholfen, damit wir mehr und besser schlafen konnten?

Gell, die Ideen sind ohne Gewähr und sollen sicher keine RatSCHLÄGE sein. Aber vielleicht helfen sie dir und ermutigen dich, damit du einen kreativen Umgang mit dieser enorm schwierigen Situation finden kannst!?

Wir leben nach dem Motto KISS – keep it simple and stupid.  Und so haben wir uns damals eingerichtet:

  • Wir haben vom Kinderarzt abklären lassen, ob etwas Gesundheitliches hinter dem Schreien und den Schlafproblemen steckt. Es war nichts. Aber den Punkt finde ich sehr wichtig und der geht gerne vergessen.
  • Ganz am Anfang haben wir Schicht geschlafen, ich von 20 bis 24 Uhr und mein Mann von 24 Uhr bis 6 Uhr. Zum Glück braucht er wenig Schlaf und war nach 6 Stunden ungestörtem Schlaf ausgeschlafen.
  • An den Wochenendenden haben wir je einmal ausschlafen dürfen. Wir haben KEINE Aktivitäten geplant, bei denen man früh raus musste. So schlief mein Mann am Samstag so lange, wie er wollte, und ich konnte am Sonntag aussschlafen. Wohlgemerkt: Tagwacht war bei demjenigen, der für das Kind zuständig war, etwa um 5 Uhr.
  • Später bin dann vor allem ich mindestens zwei Mal pro Woche sehr früh ins Bett gegangen. Damit meine ich 20 oder 21 Uhr. Mein Mann hat mir unser Kind nur zum Stillen gebracht.
  • Damit alle zu möglichst viel Schlaf gekommen sind, haben wir das Kind zu uns ins Bett genommen. Wir hatten zwar ein Beistellbett, aber darin hat sie praktisch nie geschlafen.
  • Wir haben eine zweite Schlafmöglichkeit im Büro eingerichtet, so dass vor allem mein Mann in der zweiten Nachthälfte dahin ausziehen konnte. Diese zweite Schlafmöglichkeit war bei der Ankunft des Geschwisterkindes ein Segen. So hat dann je ein Erwachsenes mit je einem Kind in einem grossen Bett geschlafen.
  • Wir haben das Kind tagsüber viel getragen, weil es im Tragtuch fast noch am besten schlief. Bis sie ca. 10 Monate alt war, hat sie pro 24 Stunden an die 6-8 Stunden im Tragtuch verbracht. Ablegen konnten wir sie nicht, wenn sie wach war.
  • Selbst ruhen mit dem Kind im TT ging sehr gut. Ich habe mich einfach aufs Sofa gelegt, so halb schräg und so vor mich hingedöst. Überhaupt ging alles mit Tragtuch.
  • Da ich sehr, sehr viel Schlaf brauche, habe ich JEDE Schlafmöglichkeit genutzt. Zum Teil bin ich neben dem spielenden Kind auf dem Teppich kurz eingenickt.
  • Wir haben nach Bedarf gestillt. So musste ich mich nachts nicht um den Schoppen (das Fläschchen) kümmern. Mit der Zeit habe ich im Halbschlaf gestillt und es kaum mehr gemerkt.
  • Den Haushalt haben wir in Ruhe gelassen und nur das nötigste gemacht. Wobei: Staub habe ich öfter gesaugt, weil das Geräusch und das Wiegen im Tragtuch unserem Kind beim Einschlafen half.
  • Wir haben uns darauf eingestellt und akzeptiert, dass wir betreffend Schlaf ein besonders anspruchsvolles Baby bekommen haben.

Vor allem das Akzeptieren der Situation half enorm viel. Dadurch konnten wir diese schwierige Situation so zu gestalten, als dass alle in der Familie möglichst genügend Schlaf bekommen konnten. Wir haben dann so in Phasen gelebt. Mal ging es leicht besser, dann hatten wir schon Hoffnung, dass die Jahre des schlecht Schlafens endlich vorbei seien, aber dann lief es wieder schlechter und wir suchten neue Wege, je nach Alter des Kindes.

Wenn uns jemand bei der Geburt gesagt hätte, es werde 9!!! Jahre dauern, bis das Kind mehrheitlich durchschlafen wird, ich hätte entmutigt aufgegeben. Ja, du hast richtig gelesen! 9 Jahre hat es gedauert, bis sie ihre special Effects den Schlaf betreffend selber managen konnte. 9 Jahre haben wir sie unterstützt, wenn es um ihren Schlaf ging. 9 Jahre Schlafentzug für uns Eltern.

So schlimm diese Zeit war, so gute Seiten hatte es auch. Ich musste nie Rücksicht nehmen auf einen Mittagsschlaf, den sie so oder so nicht gemacht hat. Wir konnten sie abends auch gut mitnehmen, wenn wir zu Besuch gingen. Sie war ja nie müde und spielte schon früh sehr gut mit älteren Kindern. Und der grösste Vorteil kam beim Kindergarteneintritt. Unser Kind war mindestens zwei Stunden VOR Kindergartenbeginn wach und fit. Ebenfalls war sie fit, wenn es am Nachmittag wieder in den Kindergarten ging.

Andere Lösungsansätze für einen besseren Schlaf

Wir haben noch andere Sachen in Betracht gezogen, die wir aber wegen unserer individuellen Situation verworfen haben:

  • Hilfe annehmen in der Kinderbetreuung. Verwandte einspannen, die mit dem Baby im Tragtuch spazieren gehen, während die Mutter zuhause schlafen kann.
  • Eine Haushaltshilfe anstellen, die einmal in der Woche putzt.
  • Einkaufen per Internetbestellung bei den gängigen Detailhändlern.
  • Ein Hüetimeitli suchen und regelmässig einsetzen, vielleicht auch, damit ihr als Paar Zeit geniessen könnt. Diese Paarzeit ist enorm wichtig, da eine solche Situation gemeinsam einfach besser getragen werden kann.
  • Heute würde ich die Schlafsprechstunde der grossen Spitäler ins Auge fassen.

Was funktioniert bei euch? Was hast du alles unternommen, wenn es um das Thema „dein Baby und sein Schlaf“ geht? Ich freue mich über viele Ideen in den Kommentaren.

Ja, und denk daran, wenn eine Mutter sagt, ihr Kind schlafe durch: Das muss überhaupt nicht so sein. Vielleicht ist sie nur zu vielen Menschen mit unbedarften RatSCHLÄGEN begegnet und mag nicht mehr diskutieren.

Pfuuset guet!

Eure Sahra Fuchs

füchslein
Sarah Fuchs ist Mutter von zwei Mädchen (11 und 14 Jahre alt). Das Ältere hat ein diagnostiziertes ADHS, respektive eine Mischform mit ADS. Zudem arbeitet Sarah seit knapp 25 Jahren als Reallehrerin. Sie hat sich also sowohl privat als auch beruflich mit vielen Entwicklungsstörungen auseinander gesetzt, insbesondere mit ADHS/ADS. Ansonsten ist Sarah sowohl als Mutter als auch als Reallehrerin bedürfnis- und lösungsorientiert unterwegs. Alle Artikel von Sarah findest du hier