Das Neujahr liegt kaum zwei Monate hinter uns und schon haben die meisten Erwachsenen all die guten Vorsätze und neuen, gesunden Gewohnheiten vergessen, die sie sich für dieses Jahr vorgenommen haben. Wie schwierig muss es da erst für Kinder sein, sich neue Routinen anzugewöhnen oder Gewohnheiten zu ändern? Lesen Sie in diesem Artikel, wie Sie Ihr Kind dabei unterstützen können.

trennlinie

„Mein Kind lernt es einfach nie!“

Wenn ich jedes Mal, wo ich das gesagt habe, einen Franken bekommen hätte, wäre ich heute reich! Dabei gibt es eine einfache Methode, um mithilfe eines Zaubermittels kleine Veränderungen bei den Gewohnheiten dauerhaft herbeizuführen. Das Zaubermittel heisst „Dopamin“.

Folgende Tipps stammen zum Teil aus dem Buch «Die Tiny Habits®-Methode» des US-amerikanischen Verhaltensforschers Dr. B. J. Fogg (Werbelink zu Amazon und zu Orell Füssli) und ich habe sie für die Situation unserer Kinder angepasst. Ich kann das Buch auch Erwachsenen empfehlen, die sich gewisse Verhaltensweisen an- oder abgewöhnen möchten.

Wie funktioniert Lernen?

Jede Erfahrung und jede Handlung sind mit Emotionen verknüpft. Schlechte Erfahrungen führen zu negativen Emotionen und dazu, dass wir diese Erfahrungen in Zukunft vermeiden. Gute Erfahrungen führen zu positiven Emotionen und dazu, dass wir sie wiederholen.

Wer Angst hat wütend ist, kann nicht lernen! Nur wer sich wohl und in Sicherheit fühlt, ist aufnahmefähig!

Wenn wir etwas tun und uns dabei und danach gut fühlen, werden wir diese Erfahrung wiederholen wollen. Wenn wir uns dabei schlecht fühlen, dann nicht. Und hier liegt auch schon die Krux für unsere hyperaktiven Kinder mit oder ohne ADHS: Die vielen negativen Rückmeldungen, die täglich auf sie einprasseln, führen dazu, dass sich Kinder mit ADHS oder anderen neurologischen Auffälligkeiten sehr oft schlecht fühlen, aber nur wenige Erfolge feiern können.

Auf der anderen Seite wird durch einen Erfolg Dopamin ausgeschüttet, das «Belohnungshormon», das bei unseren Kindern viel zu schnell abgebaut wird. Dieses Hormon können wir nutzen, um seinen Lernprozess zu beschleunigen!

Nicht mehr schimpfen

Wenn etwas nicht gelingt oder der Versuch scheitert, richten wir die Aufmerksamkeit lieber auf positive Erfahrungen! Freuen wir uns mit dem Kind darüber, wenn etwas klappt, und geben Misserfolgen nicht mehr Raum als nötig. Wenn es nichts Positives zu vermelden gibt, können wir auch einfach gar nichts sagen.

Es geht darum, die Grundstimmung zu verändern. Wenn wir die ganze Zeit nur am Motzen sind, fühlen wir uns schlecht, und unser Kind erst recht. Es verkrampft sich, wird ängstlich oder wütend. Dass das Sich-schlecht-fühlen nicht funktioniert, wissen wir alle – wir haben es selbst als Kind erlebt und erleben es jeden Tag mit unseren eigenen Kindern, dass es in jeder Familie Dinge gibt, da kann man täglich schimpfen, aber es nützt einfach nichts, das Kind ändert sein Verhalten nicht.

Sich gemeinsam freuen, wenn etwas gut läuft

Auch an Tagen, die schlecht laufen: Suchen wir bewusst nach Gründen, um uns über das Kind und sein Verhalten zu freuen! Dadurch schaffen wir eine positive Grundstimmung und ein Klima, das Lernen ermöglicht.

Von allen Dingen, die unser Kind noch lernen muss, wählen wir eine, und wirklich nur eine Gewohnheit aus. Zum Beispiel: Händewaschen nach dem WC.

Neue Routine verankern

Jetzt müssen wir uns überlegen, wie wir die neue Gewohnheit in einen etablierten Ablauf verankern oder hinten anhängen können. Damit können wir dann einen Merksatz nach dem Muster «immer nachdem…. werde ich…» bilden.

Bei unserem Beispiel «Händewaschen nach dem WC» ist es einfach:
Geschäft erledigen, Abwischen und Spülen ist bereits verinnerlicht, da kann man Händewaschen einfach hinten anhängen. Der neue Ablauf lautet also: Geschäft erledigen, Abwischen, Spülen, Händewaschen.

Die neue Gewohnheit auf einen einzigen Schritt reduzieren

Kinder mit ADHS sind schnell überfordert, wenn sie mehrere Dinge gleichzeitig im Kopf behalten müssen, ohne etwas davon zu vergessen. Deshalb ist es so wichtig, neue Verhaltensweisen in einzelne Schritte zu unterteilen. Dann konzentriert man sich vorerst auf den ersten. Wenn dieser nach ein paar Wochen automatisiert ist – das heisst auch «auf Autopilot» ausgeführt wird – dann erst kommt der zweite Schritt, danach der Dritte etc.

Es braucht viel Geduld, aber es lohnt sich! Und zwar ganz besonders bei den Sachen, wo wir teilweise schon seit Jahren am Schimpfen sind und nicht weiterkommen.

Erfolge feiern!

Jedes Mal, wenn das Kind von sich an die neue Angewohnheit denkt, sie durchführt oder sie erfolgreich abgeschlossen hat, freuen Sie sich mit ihm darüber. Lob im Sinne von «gut gemacht» ist nicht nötig, aber «du hast daran gedacht» in Verbindung mit einem High Five oder «Yeah», oder was immer in Ihrer Familie üblich ist, wirkt Wunder. Menschen sind Dopamin-Junkies (und solche mit ADHS ganz besonders).

Dopamin, das «Belohnungshormon», macht süchtig. Wenn etwas, das wir tun, zur Ausschüttung von Dopamin im Gehirn führt, möchte der Mensch dieses schöne Gefühl wieder und wieder erleben und wird deshalb die Handlung wiederholen. Social Media und Computerspiele wie «Candy Crush» machen sich das zu Nutzen.

Wenn wir also mit gemeinsamer Freude und gemeinsamem Feiern dafür sorgen, dass das Gehirn unseres Kindes direkt nach einer Aktion Dopamin ausschüttet, unterstützt das seinen Lernprozess, weil es sich die neue Angewohnheit auf diese Weise schneller und gründlicher einprägen kann und sie auch weniger oft vergisst.

trennlinie

Was sind Eure Tipps und Tricks um Euch neue Abläufe einzuprägen und anzugewöhnen? Teilt es den anderen in den Kommentaren oder auf Facebook oder Instagram mit!

Verhaltensänderung: Wie man sich Gewohnheiten angewöhnen oder abgewöhnen kann
Verhaltensänderung: Wie man sich Gewohnheiten angewöhnen oder abgewöhnen kann